Verzweifelte Sehnsucht
Randy C. Möbes © 2024 • Privacy Policy • Nutzungsbedingungen
Kapitel 1
Pfiffi steht am Fenster und schaut gedankenverloren hinaus. Martin fragt sie etwas, doch sie hört es nicht. Viel zu tief ist sie in Gedanken versunken. Sie denkt an ihre Mutter. Nie wieder wird sie ihre Stimme hören, ihr helles Lachen, und nie wieder wird sie in der Haustür stehen und ihr winken. Jetzt ist es bereits ein halbes Jahr her und sie vermisst sie schrecklich.
Nach der Beerdigung stand plötzlich ihr Vater vor der Tür und forderte einen Teil des Erbes. Doch dazu hatte er kein Recht, denn vor fast zwei Jahren stellte ihre Mutter einen Antrag auf Härtefallscheidung und innerhalb zwei Wochen waren sie geschieden. Es ging so außerordentlich rasch, weil er ihre Mutter schlug und Pfiffi verprügelte er beinahe täglich und vor zwei Jahren versuchte er sogar, sie umzubringen. Seitdem flüchtet er vor der Polizei.
Das Haus hat sie gleich nach der Beerdigung vermietet, sie wollte es nie haben. Ein alter Schulfreund ihrer Mutter kümmert sich um alles. Sie selbst nahm nur ein paar persönliche Sachen ihrer Mutter mit und gestern hat sie endlich den Mut aufgebracht, sie sich einmal genauer anzuschauen. Lange hielt sie das alte Tagebuch in der Hand, um dann einen kurzen Blick hineinzuwerfen. Sie schlug einfach eine der ersten Seiten auf und las ein paar Zeilen und das, was dort stand, traf sie tief.
Die ganzen Jahre glaubte sie, dass Anja ihre Schwester sei und nun erfährt sie auf diesem Weg, dass ihr Vater sie mit in die Ehe brachte und sie nicht einmal seine Tochter ist. Anjas Mutter war seine Geliebte, die bei einem Unfall ums Leben kam.
Damals kam ihr Vater gerade erst in ihre kleine Stadt. Woher? Das weiß keiner. Pfiffis Mutter bewunderte ihn, ja, sie himmelte ihn geradezu an, weil er sich so hingebungsvoll um das Kind kümmerte.
Durch ein lautes Poltern unsanft aus ihren Gedanken gerissen, zuckt Pfiffi zusammen und dreht sich um. Martin steht hinter ihr und sieht sie verlegen an. Er hält noch einen Teil seiner Bücher in den Händen, der andere Teil liegt auf dem Boden. Wenn er ihr gegenübersteht, wird er immer nervös und dabei passieren ihm dann die schrecklichsten Dinge. Mit rotem Kopf bückt er sich und sammelt seine Sachen wieder ein. Geschwind will Pfiffi ihm helfen, was dazu führt, dass ihm alles erneut aus den Händen rutscht. Mit einem Schmunzeln nimmt sie den ganzen Kram und legt ihn auf den Tisch. Verlegen sieht Martin auf das Buch in seiner Hand. „Ich wollte noch fragen, ob wir morgen weitermachen können.“ Wie ein kleiner Junge steht er vor ihr.
Kurz überlegt Pfiffi. Morgen muss sie einiges erledigen und dann hat sie bereits zugesagt, mit einigen Studenten die Aufgaben für die Hausarbeit durchzugehen. Sie ist noch zu keinem Schluss gekommen, da fängt Martin stammelnd an: „Ich habe doch übermorgen meine Prüfung und da darf ich nicht durchfallen.“
Pfiffi gibt sich geschlagen und nickt: „Also gut, morgen von zehn bis zwölf, aber mehr Zeit habe ich wirklich nicht.“ In Gedanken geht sie ihren Zeitplan noch einmal durch. Von zehn bis zwölf wollte sie eigentlich an ihrer Semesterarbeit schreiben, das wird sie dann halt erst am Abend machen. Aber noch einmal verschieben kann sie es nicht, denn dann schafft sie es wirklich nicht mehr und sie will doch unbedingt in drei Tagen zu Alex fahren. Er weiß noch nichts davon, denn sie will ihn überraschen.
In drei Tagen haben sie einen Auftritt in München und dann hat er einen Tag frei und erst danach geht es nach London. Diesen einen Tag will sie mit ihm verbringen, schließlich konnten sie sich fast fünf Monate nicht sehen.
Mit einem Stapel Bücher unter dem Arm betritt Pfiffi ihr Zimmer. Sie hat gehofft, noch eine Weile allein zu sein, doch Ramona ist bereits da und empfängt sie auch gleich mit unzähligen Fragen.
„Oh Pfiffi, endlich kommst du. Wir haben hier ein paar Aufgaben bekommen und ich hab keine Ahnung, worum es im Grunde genommen geht.“ Mit einem Arbeitsblatt kommt Ramona auf sie zu, noch bevor Pfiffi überhaupt Gelegenheit hat, ihre Bücher abzulegen. Tief holt Pfiffi Luft. „Langsam, lass mich doch erst einmal rein.“ Seelenruhig geht sie zu ihrem Schreibtisch und legt ihre Bücher ab, dreht sich um und nimmt das Blatt entgegen.
Rasch liest sie es durch, dann nimmt sie zwei Bücher aus ihrem Regal und reicht sie Ramona. „Hier steht alles drin.“ Mit weit aufgerissenen Augen sieht Ramona sie an. „Kannst du mir nicht helfen?“, fragt sie mit bittendem Blick. Einen Moment starrt sie Ramona an, doch dann zieht sie resigniert einen Stuhl heran, setzt sich hin und schlägt das erste Buch auf.
Während sie arbeiten, versucht Ramona immer wieder, private Gespräche anzufangen. Doch jedes Mal würgt Pfiffi sie ab, bis es ihr reicht: „Sag mal, willst du quatschen oder arbeiten?“
Beleidigt sieht Ramona sie an. „Du bist ja noch spießiger, als die anderen behaupten.“
„Ach ja, und trotzdem rennen sie mir die Tür ein, damit ich ihnen helfe.“ Ein Schmunzeln zieht über ihr Gesicht. Es stört Pfiffi überhaupt nicht, dass die anderen so über sie reden, sie weiß schließlich genau, warum sie das alles macht. „Hier, lies dir die drei Seiten durch und dann kommst du mit der zweiten Aufgabe klar.“ Pfiffi schiebt ihr das Buch rüber und greift sich gleich das andere Buch.
Nachdem sie eine Weile schweigend gearbeitet hat, hebt Ramona den Kopf. „Ich hab Hunger. Wollen wir was essen?“, fragend sieht sie zu Pfiffi rüber. Diese hebt den Kopf und schaut auf die Uhr. „Scheiße! Schon so spät. Ich muss den Bericht noch fertigmachen.“ Blitzschnell ist sie aufgesprungen und kramt in ihren Sachen nach den Unterlagen.
Ramona verlässt das Zimmer und geht rüber in die Gemeinschaftsküche. Nach einiger Zeit kommt sie mit einem Teller belegter Brote zurück, stellt ihn auf den kleinen Tisch vor dem Fenster und dreht sich zu Pfiffi um. „Los! Mach ’ne Pause und iss was.“ Pfiffi, tief in ihrer Arbeit versunken, hebt den Kopf und schaut zu ihr rüber. Ramona hat eben die Stühle zurechtgerückt und setzt sich hin. Pfiffi wirft noch einen kurzen Blick auf ihren Laptop und den angefangenen Bericht. Ihr Magen knurrt bereits seit einiger Zeit, also erhebt sie sich und setzt sich zu Ramona an den Tisch. Wenigsten hat sie diesmal eine Mitbewohnerin, die ein bisschen Ordnung hält und Rücksicht nimmt.
Beim Essen versucht Ramona erneut, Pfiffi in ein Gespräch zu verwickeln. „Wo kommst du überhaupt her? Das ganze Semester, wo ich jetzt hier bin, warst du noch nicht zu Hause. Wieso eigentlich?“ Erwartungsvoll sieht sie Pfiffi an. Konzentriert schaut Pfiffi auf ihre Schnitte, langsam hebt sie den Kopf. „Weil ich hier bin, um zu studieren, und nicht, um in der Weltgeschichte rumzureisen.“
„Ja, aber du bist ja nicht einmal Weihnachten nach Hause gefahren. Das ist doch das Mindeste.“
Das war das erste Weihnachten, dass Pfiffi allein verbrachte. Alex war bei seiner Mom. Er wollte zwar, dass sie zu ihm kommt, doch sie kennt außer Brian keinen von seiner Familie und da fand sie es unpassend, ausgerechnet Weihnachten dort aufzutauchen. Ohne ein weiteres Wort steht Pfiffi auf und geht wieder an ihre Arbeit. Nachdenklich schaut Ramona ihr hinterher. Während der gesamten Zeit, die sie bereits hier ist, konnte sie nichts über Pfiffis Privatleben erfahren. Doch sie muss unbedingt etwas in Erfahrung bringen, schließlich will sie in die coolste Mädchenclique aufgenommen werden. Carolin, die dort das Sagen hat, machte ihr unmissverständlich klar, dass sie ihnen ein paar Informationen über Pfiffi bringen muss, sonst kann sie es vergessen.
Nachdem Ramona den Tisch abgeräumt hat, legt sie sich schlafen. Sofort nimmt Pfiffi ihre Sachen und setzt sich in die Küche, um zu arbeiten.
Ein Rascheln weckt Ramona und lässt sie aufschauen. Es ist Pfiffi. Sie legt ihre Unterlagen auf ihren Schreibtisch, nimmt ihren Schlafanzug und verschwindet wieder. Kurze Zeit später ist sie wieder da und huscht in ihr Bett, so wie jede Nacht.
Als Ramona am Morgen erwacht, ist Pfiffi bereits weg. Wieder hat sie nichts erreicht und so langsam kommt in ihr der Verdacht auf, dass Pfiffi eine dunkle Vergangenheit hat, die sie vor allen verbergen will.
Den Bericht hat Pfiffi abgegeben und das Seminar ist auch vorbei. Nun wartet sie, dass Martin kommt. Die Bücher sind bereits dort aufgeschlagen, wo sie gestern waren. Aufgeregt läuft sie hin und her. Wo bleibt er denn nur? Er ist doch sonst immer pünktlich. Sie hat schließlich noch anderes zu tun. Genau in diesem Moment stürzt er zur Tür rein. Völlig außer Atem steht er vor ihr und reicht ihr eine Pralinenschachtel. „Tut mir leid, dass du warten musstest, aber ich wurde von Prof. Bauer aufgehalten.“ Mit einem schüchternen Lächeln sieht er sie an.
Es ist kurz vor zwölf und Pfiffi packt ihre Sachen zusammen. Martin, der noch einmal den Absatz durchliest, schaut erschrocken zu ihr auf. „Was, du gehst schon?“ Pfiffi klopft mit dem Finger auf ihre Uhr. „In acht Minuten beginnt meine Vorlesung.“ Und dann ist sie raus.
Gegen 15 Uhr kommt Pfiffi mit einem Apfel in der Hand in den Aufenthaltsraum. Martin und ein paar andere sind bereits da und unterhalten sich angeregt. Erstaunt sieht Pfiffi Martin an. „Ich wusste gar nicht, dass du auch dabei bist.“ Verlegen kratzt sich Martin am Kopf, sagt aber kein Wort. Kurz darauf erscheinen die Letzten und sie können endlich anfangen.
Bei einigen fragt Pfiffi sich, was sie hier wollen. Sie sitzen nur rum und quatschen und hören überhaupt nicht zu, wenn Pfiffi was erklärt. Nur wenn eine Aufgabe erledigt ist, sind sie die Ersten, die sie abschreiben.
Nach einiger Zeit hat es den Anschein, das Pfiffi die Einzige ist, die noch die Aufgaben ausarbeitet. Alle sind in ihre Gespräche vertieft und nur, wenn Pfiffi ihnen ein Blatt reicht, schauen sie kurz zu ihr. Zum Schluss beschließen sie sogar, die Blätter nur noch zu kopieren und nicht mehr abzuschreiben. Wenn Pfiffi nicht von jedem 10 Euro bekommen würde, wäre sie längst gegangen, sie kann ihre Zeit auch sinnvoller verbringen.
Kopfschüttelnd packt Pfiffi ihre Sachen zusammen, wieder einmal hat sie fast alle Aufgaben allein ausgearbeitet. Gerade, als sie gehen will, kommen Martin und ein paar andere auf sie zu. Andreas will ihr den Arm um die Schultern legen. Blitzschnell ist Pfiffi ausgewichen und sieht ihn fragend an. Er hebt entschuldigend die Hände. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten, ich wollte nur fragen, ob du übermorgen zur Party kommst.“ Mit einem Schmunzeln fügt er hinzu: „Es gibt da einen, der dich gern einladen würde.“ Sein Blick wandert zu Martin rüber.
Sie sieht Martin an und schüttelt den Kopf. „Übermorgen will ich wegfahren.“ Wieder mischt sich Andreas ein: „Ach, das kannst du doch bestimmt verschieben.“
Energisch schüttelt sie den Kopf: „Nein, das kann ich nicht!“ Noch einmal schaut sie sich um, ob sie auch nichts vergessen hat und dann will sie an ihnen vorbei. Unsicher ergreift Martin das Wort: „Gehst du dann wenigstens morgen mit mir ins Kino?“ Mit einem kleinen Lächeln sieht sie Martin an, er sieht ja nicht übel aus und nett ist er auch, aber an Alex reicht er noch lange nicht ran. „Kein Interesse und außerdem, ich habe bereits einen Freund.“ Immer noch lächelnd dreht sie sich um und geht.
Während der gesamten Zeit standen Carolin und ihre Freundin hinter ihr und beide hören aufmerksam zu. Jetzt macht sich Carolin bemerkbar: „Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Die und ’nen Freund. Das ich nicht lache.“ Sie sagt es so laut, dass Pfiffi, die gerade an der Tür ist, jedes Wort versteht. Mit einem vielsagenden Lächeln dreht sich Pfiffi noch einmal um.
Als Ramona nach Hause kommt, sitzt Pfiffi immer noch über ihre Semesterarbeit.
„Du hast gewaltig für Aufregung gesorgt, so wie du Martin abserviert hast.“ Neugierig sieht Ramona über Pfiffis Schulter. „Hast du wirklich einen Freund?“ Langsam dreht sich Pfiffi zu ihr um. „Kaum vorzustellen, was?! Aber ich habe wahrhaftig einen Freund.“
„Und du willst übermorgen zu ihm fahren?! Haste ein Bild von ihm?“ Voller Neugier sieht sich Ramona um, ob nicht irgendwo ein Bild ist. Doch nur eine Menge Poster von CF – City Freaks – hängen an der Wand über Pfiffis Bett.
Schmunzelnd beobachtet Pfiffi Ramonas Blick und nur mit Mühe kann sie sich das Lachen verkneifen. „Du bist extrem neugierig. Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass das unhöflich ist?“ Pfiffi schaut rasch wieder auf ihre Arbeit, damit Ramona nicht ihr Grinsen sieht. Ramona schüttelt den Kopf. „Nee, sie hat immer gesagt, wenn du was wissen willst, dann frag. Und eigentlich könntest du mir ja auch mal eine Antwort geben.“ Jetzt kann Pfiffi nicht mehr und prustet los vor Lachen. „Irgendwie erinnerst du mich an meine Freundin Katrin.“ Ramona reißt die Augen auf. „Du hast ’ne Freundin? Studiert sie auch hier?“
Erneut muss Pfiffi lachen. „Das ist kaum zu fassen, erst habe ich ’nen Freund und jetzt auch noch ’ne Freundin.“ Während sie das lachend sagt, nimmt sie ihren Schlafanzug und geht zur Tür. Ramona sieht ihr hinterher. „Warum ziehst du dich nicht hier um, wie jeder andere auch?“ Doch sie bekommt keine Antwort, denn Pfiffi ist längst verschwunden.
Ramona streckt sich noch einmal genüsslich, bevor sie aufsteht. Pfiffi ist bereits weg und so beschließt sie, einfach mal ein bisschen in ihren Sachen zu schnüffeln. Geschwind geht sie zum Kleiderschrank; mit einer Hand schon an der Tür lauscht sie, ob nicht doch jemand kommt. Vorsichtig öffnet sie die Schranktür, vor ihr liegen ein paar T-Shirts und Hosen und auf einem Bügel hängt eine Jacke. Soeben will sie diese beiseiteschieben.
„Was machst du in meinem Schrank?“
Ramona schrickt zusammen und fährt herum. Dicht vor ihr steht Pfiffi und sieht sie eindringlich an. „Ich dachte, du bist längst weg und wollte mir nur mal ein T-Shirt von dir ausleihen.“ Pfiffi nimmt ein T-Shirt und drückt es ihr in die Hand. Rückt ihre Jacke wieder gerade und verschließt den Schrank. Das Mädchen ist ihr eindeutig zu neugierig. „Das nächste Mal frage vorher.“ Rasch geht sie noch zum Regal, nimmt ein Buch raus und verschwindet wieder.
Als die Tür ins Schloss fällt, atmet Ramona erleichtert auf und schaut auf das T-Shirt in ihren Händen. Langsam lässt sie ihren Blick über den Schrank schweifen. Irgendetwas hing hinter der Jacke, doch jetzt wird sie nicht mehr erfahren, was. Deutlich konnte sie sehen, wie der Schlüssel in Pfiffis Hosentasche verschwand und vermutlich wird sie den Schrank auch in Zukunft abschließen.
Kaum sitzt Ramona in der Gemeinschaftsküche beim Frühstück, da tauchen auch schon Carolin und Jessica auf.
Gleich, nachdem Pfiffi gestern den Aufenthaltsraum verlassen hat, ist Carolin zu Ramona geeilt und hat ihr mitgeteilt, dass sie schleunigst rausbekommen soll, ob Pfiffi wirklich einen Freund hat und wer er ist.
„Was hast du in Erfahrung gebracht?“, fragt Carolin ohne Umschweife. Ramona hebt die Schultern. „Über ihren Freund nichts, sie hat aber noch eine Freundin, die Katrin heißt.“ Ungeduldig sieht Carolin sie an. „Wenn du zu uns gehören willst, musst du dir ein bisschen mehr Mühe geben. Konntest du nicht ihr Handy kontrollieren?“ Ramona schüttelt den Kopf. „An das kommt man nicht ran. Das hat sie immer bei sich.“
Carolin verdreht die Augen. „Na dann musst du dir halt was einfallen lassen.“
Provokativ beugt sich Jessica zu Ramona rüber. „Und dann kannst du ihr auch klarmachen, dass sie ihre Finger von Martin lassen soll. Der gehört mir.“ Ramona sieht sie kopfschüttelnd an. „Sie hat doch gestern klargemacht, dass sie kein Interesse an ihm hat.“
„Schau sie dir doch mal an, die in ihren Hip-Hopper-Hosen, dem riesigen T-Shirt und dann erst ihr Basecap, auf normalen Weg bekommt sie doch nie ein Kerl ab. Sie wollte ihn gestern nur ködern.“
Ramona sieht Jessica direkt ins Gesicht. „Aber wenn sie sagt, dass sie einen Freund hat, das ködert nicht, das schreckt ab.“ Ramona mag diese Jessica nicht, sie ist ihr zu eingebildet.
Reichlich spät kommt Pfiffi nach Hause. Sie wollte Ramona nicht über den Weg laufen und so entschied sie sich, in der Bibliothek zu arbeiten. Im Grunde genommen findet Pfiffi Ramona ja ganz nett und sie ist auch die ordentlichste Mitbewohnerin, die sie bisher hatte. Nur ihre ständigen Fragen nerven sie allmählich. Leise öffnet Pfiffi die Tür, um Ramona nicht zu wecken, doch zu ihrer großen Überraschung ist Ramona noch wach. Sie sitzt auf ihrem Bett und schaut sich einen Film an.
Still geht Pfiffi zum Schreibtisch und legt ihre Bücher darauf. Ramona sagt kein Wort, doch mit den Augen folgt sie ihr. Pfiffi sucht sich erneut Unterlagen zusammen und setzt sich an den Schreibtisch. Sofort stellt Ramona den Fernseher leiser. Noch eine Weile sieht sie schweigend zu Pfiffi rüber. „Was hältst du eigentlich von Martin?“ Schweigen ist nun einmal nicht Ramonas Stärke.
Langsam hebt Pfiffi den Kopf. „Nun, er ist recht nett, aber viel zu schüchtern und außerdem besitzt er kein Selbstbewusstsein, er lässt sich von jeder unterbuttern.“ Sie schüttelt den Kopf. „Ich hoffe, er findet eine, die seine Gutmütigkeit nicht ausnutzt. Wieso fragst du? Hast du Interesse an ihm?“ Forschend schaut sie Ramona an, diese schüttelt sofort den Kopf. „Nein, ich hab kein Interesse, obwohl ich sagen muss, dass er total geil aussieht und Geld besitzt er auch genug, aber er ist einfach nicht mein Typ.“ Pfiffi richtet sich auf und sieht sie eindringlich an. „Wenn du dir einen Freund suchst, solltest du nicht nach seinem Geld gehen, sein Charakter sollte dich interessieren. Was nützt dir sein Geld, wenn er dich wie Dreck behandelt?“ Damit ist für Pfiffi die Sache erledigt und sie beugt sich wieder über ihre Arbeit. Ramona beobachtet sie noch eine Weile, dann wendet sie sich wieder ihrem Film zu.
Irgendwann wird Ramona wach, der Fernseher läuft noch und Pfiffi sitzt immer noch am Schreibtisch. Verschlafen schaut Ramona auf ihre Uhr, es ist schon kurz nach vier. „He Pfiffi, willst du nicht Schluss machen?“ Ramona schaltet den Fernseher aus und legt sich wieder zurück. Pfiffi reibt sich über die Augen. „Hab ich dich geweckt? Tut mir leid, das wollte ich nicht, ich geh dann rüber in die Küche und mach dort weiter.“ Rasch will sie ihre Sachen nehmen und verschwinden. „Nee, bleib hier, nur du brauchst auch ein bisschen Schlaf.“
Pfiffi reckt sich. „Schlafen kann ich nachher im Zug noch.“
„Ja, aber erst einmal beginnt um acht dein Seminar und wann geht überhaupt dein Zug?“ Nachdenklich schaut Pfiffi vor sich hin. „Das letzte Seminar geht bis halb drei und um drei fährt mein Zug. Ich habe genau eine halbe Stunde, um zum Bahnhof zu kommen.“ Erstaunt reißt Ramona die Augen auf. „Findest du das nicht ein bisschen knapp?“ Lachend zuckt Pfiffi mit den Schultern. „Dann muss ich halt rennen.“ Und schon beugt sie sich wieder über ihre Bücher und arbeitet weiter.
Das nächste Mal wird Ramona durch ein Poltern geweckt. Erschrocken setzt sie sich auf und sieht sich um. Pfiffi ist gerade dabei, ihren Rucksack zu packen und dabei sind ihr ein paar Bücher runtergefallen. „Entschuldige, ich wollte dich nicht schon wieder wecken, aber ich bin spät daran.“ Bedauernd hebt Pfiffi die Schultern. Obwohl sie die ganze Nacht durchgearbeitet hat, ist sie putzmunter und gut gelaunt, schließlich fährt sie ja auch heute zu Alex.
Ramona schüttelt den Kopf und lässt sich nach hinten fallen. „Wie kann man nur um diese Zeit so gut gelaunt sein?“
Pfiffi wirft ihr noch einen Blick zu und verschwindet lachend zur Tür hinaus.
Zur gleichen Zeit in München:
Alex geht aufgeregt hin und her und packt ein paar Sachen zusammen. „Und es macht euch wirklich nichts aus, wenn ich mich aus dem Staub mache?“ Brian meint lachend: „Wir sind froh, dich mal eine Weile loszuwerden, deine Fans sehen das vielleicht anders, aber wir werden ihnen schon irgendetwas erzählen.“ Jerry klopft aufgeregt auf die Sessellehne. „Beeil dich, dein Zug geht in 20 Minuten.“ Hastig nimmt Alex seine Tasche und los geht’s.
Pfiffi kann sich kaum noch konzentrieren, sie ist vollkommen übermüdet und trotzdem ist sie wie aufgezogen. Alle paar Minuten schaut sie auf ihre Uhr, noch fünfundzwanzig Minuten, dann ist das Seminar vorbei und sie kann endlich zu Alex fahren. Sie hat sich vorgenommen, ihn vom Zug aus anzurufen. Heute haben sie einen Auftritt und Interview bei einem Radiosender und eine Autogrammstunde zum Verkaufsstart für ihr neues Album in einem Kaufhaus. Und morgen haben sie den ganzen Tag frei. Allerdings weiß Pfiffi nicht, ob sie bereits am Abend oder erst am nächsten Morgen nach London fliegen, aber das ist ihr im Moment auch total egal.
Die Zeit ist um und Pfiffi nimmt bereits ihren Rucksack und will gehen, da reicht Prof. Wolf ihr einen Stapel Arbeitsblätter und gibt ihr zu verstehen, dass sie diese verteilen soll. Hastig greift sich Pfiffi ihr Blatt und reicht den Stapel weiter.
„Na, Frau Neubert, heute so eilig?“, verwundert sieht Prof. Wolf sie an.
„Ja, mein Zug fährt in 25 Minuten“, sagt Pfiffi und ist weg.
Alex nimmt sich ein Taxi und fährt zu Pfiffis Wohnheim. Er war noch nie dort und Pfiffi hat auch nie viel darüber erzählt und so ist er doch gewaltig überrascht, als ihm eine junge Frau die Tür öffnet.
„Ich wollte zu Pfiffi.“ Charmant lächelt er sie an. Von seinem Akzent völlig hingerissen, lächelt sie zurück. „Ich bin Ramona, ihre Mitbewohnerin. Pfiffi ist in der Uni, sie wollte aber von dort gleich zum Zug.“ Rasch schaut sie auf ihre Uhr. „In zehn Minuten ist ihr Seminar zu Ende, wenn du dich beeilst, müsstest du sie noch erwischen.“ Geschwind beschreibt sie ihm noch den Weg und schon macht sich Alex los.
Vor dem großen Gebäude sitzen ein paar Mädchen und unterhalten sich.
Carolin sieht ihn als Erste. „Wow, was für eine Erscheinung. Den würde ich nicht von meiner Bettkante schubsen.“ Auch Jessica und die anderen machen ähnlichen Bemerkungen.
Alex sieht sich um, Ramona sagte, dass Pfiffi auf jeden Fall durch das Tor kommen muss. Also beschließt er, genau hier auf sie zu warten. Gemütlich schlendert er zu der Bank in der Nähe der Mädchen und setzt sich. Carolin und Jessica verabschieden sich von den anderen und gehen zu ihm rüber. „Du musst neu hier sein, sonst wärst du mir bereits aufgefallen.“ Carolin setzt sich zu ihm und betrachtet ihn von oben bis unten. Alex schmunzelt vor sich hin. „Ich warte nur auf jemanden.“
Jessica setzt sich auf die andere Seite. „Was, du studierst nicht hier? Aber wir haben heute unsere Semesterparty. Weil du uns sympathisch bist, laden wir dich ein.“ Alex sieht sie erstaunt an. „Na, von mir aus kannst du auch deinen Freund mitbringen.“ Verführerisch zwinkert Carolin ihm zu und dann stehen beide auf. „Wir müssen leider. Bis heute Abend dann.“ Langsam schlendern die beiden davon und drehen sich immer wieder zu ihm um. Nur kurz hat er die beiden angesehen, sein Blick ist immer wieder zum Tor gewandert. Und endlich sieht er sie.
Sie scheint es sehr eilig zu haben, denn sie rennt förmlich die Treppen runter. Ein junger Mann ist kurz hinter ihr. Alex geht auf sie zu.
Weil der junge Mann ihr etwas hinterher ruft, dreht sie sich beim Laufen um „Hab keine Zeit, mein Zug.“ Und schon rennt sie voll in seine Arme. Alex fängt sie auf und zieht sie so fest an sich, dass ihr das Basecap vom Kopf fällt.
Carolin und Jessica haben es gesehen und für sie sah es so aus, als ob Pfiffi nicht aufgepasst hat und mit ihm zusammengerannt ist und er sie aus Höflichkeit aufgefangen hat. „Wenn man sonst keinen abbekommt, schmeißt man sich einfach einem in die Arme“, meint Jessica ironisch und beide gehen lachend ins Gebäude.
Erschrocken sieht Pfiffi auf und will sich auch schon für ihre Unachtsamkeit entschuldigen. Doch dann schlingt sie mit einem Freudenschrei ihre Arme um ihn und küsst ihn ausgiebig. Martin ist hinter ihr stehengeblieben und Entsetzen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Langsam löst sich Pfiffi von Alex. „Was machst du denn hier?“ Lachend schaut er auf sie runter. „Hallo, mein Schatz, ich freue mich auch, dich zu sehen. Das war ja eine stürmische Begrüßung.“ Sanft haucht er ihr einen Kuss auf die Lippen. „Du hattest es eben so eilig. Wohin willst du denn?“ Hektisch schüttelt sie den Kopf. „Nur zum Zug, aber den brauche ich jetzt nicht mehr. Vorausgesetzt, du bleibst noch ein bisschen?“, fragend sieht sie ihn an.
„Pfiffi, ich kann dich schnell zum Bahnhof fahren, dann erreichst du deinen Zug noch“, meldet sich Martin schüchtern zu Wort. Über die Schulter sieht sie ihn an: „Danke, aber das ist nicht mehr nötig.“
Entschlossen nimmt Alex ihr den Rucksack ab, greift ihre Hand und setzt sich mit ihr in Bewegung. „Jetzt verrat mir erst einmal, wo ich ein Hotel finde.“ Pfiffi bleibt stehen und lässt seine Hand los, um ihr Basecap wieder aufzusetzen. „Ich würde sagen, wir gehen zu mir und von dort können wir rumtelefonieren.“ Alex schlingt den Arm um sie und zieht sie an seine Seite. „Ist deine Mitbewohnerin noch da?“ Spitzbübisch lächelt er sie an.
Als sie lachend das Zimmer betreten, ist von Ramona nichts zu sehen. Sofort reißt Alex sie in seine Arme und küsst sie stürmisch. Seine Hände lässt er besitzergreifend über ihren Körper gleiten. Viel zu lange konnte er sie nicht in den Armen halten. Endlich spürt er ihren zarten Körper wieder an seinem und nur ungern löst er sich von ihr. Noch immer hat Pfiffi ihre Arme um ihn geschlungen und hält ihn fest.
„Ich brauche ein Zimmer, dringend“, haucht er ihr stöhnend ins Ohr. Als er sie fest an sich zieht, spürt sie deutlich, wie dringend. Geschwind schaltet sie ihren Laptop ein und lässt sich alle Hotels in der Umgebung auflisten. Mit einem Lächeln schiebt sie ihn zu Alex.
Pfiffi will ihr Handy aus der Hosentasche holen, doch Alex ist schneller und wählt bereits die erste Nummer. Alex lehnt sich gegen den Schreibtisch und zieht Pfiffi mit einem Arm an sich. Sofort schmiegt sie sich an ihn und streicht ihm zärtlich über die Brust. Während Alex krampfhaft versucht, ein Gespräch zu führen, knöpft Pfiffi ihm das Hemd auf und ihre Finger spielen sanft an seiner Brustwarze. Aufstöhnend legt er das Handy weg und nimmt sie fest in seine Arme. Seine Lippen suchen ihre und mit einem leidenschaftlichen Kuss verschließt er ihren Mund. Nachdem seine Zunge ihren Mund gründlich erforscht hat, löst er sich seufzend von ihr. Tief sieht er ihr in die Augen, sie besitzt die schönsten Augen, die er je gesehen hat.
„Ich habe immer noch kein Zimmer. Das Hotel ist ausgebucht und die Dame meint, dass ich auch in der ganzen Stadt keins bekommen werde. Sie sagte irgendetwas von einem Marathon, ich konnte ihr leider nicht mehr richtig folgen.“ Streng sieht er sie an. „Und ich könnte wetten, dass deine Mitbewohnerin jeden Moment wiederkommt.“ Pfiffi nickt und dabei breitet sich ein spitzbübisches Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Langsam streicht sie mit ihrer Zunge über seine Brustwarze. Scharf zieht Alex die Luft ein. „Pfiffi, bitte lass das!“ Sie hebt den Kopf und lächelt ihn frech an. „Gefällt es dir nicht?“ Fest schließt er sie in seine Arme und beugt sich zu ihr runter. „Doch, aber wenn ich dir zeige, wie sehr es mir gefällt und deine Mitbewohnerin kommt rein, könnte es peinlich werden.“
„Für wen?“
Lachend drückt er sie an sich. „Schatz, du hast mir so schrecklich gefehlt.“ Alex will Pfiffi gerade küssen da geht die Tür auf und Ramona kommt rein. „Ach, wie ich sehe, hast du sie gefunden.“ Nur kurz lässt sie ihren Blick über die beiden schweifen, geht zum Tisch, legt ihre Bücher darauf und geht wieder zur Tür. „Bin gleich zurück.“ Mit einem verschwörerischen Lächeln ist sie hinaus. Alex schiebt Pfiffi von sich und zieht sich erst einmal wieder ordentlich an. Seinen Blick lässt er dabei über Pfiffi schweifen. „Ich lasse mir schon was einfallen, mein Schatz. Notfalls miete ich mir ein Auto.“ Hastig zieht er sie erneut in seine Arme und drückt ihr einen Kuss auf den Mund.
Vorsichtig öffnet Ramona die Tür und schaut rein. Alex telefoniert und Pfiffi packt ihren Rucksack wieder aus. Zögernd tritt sie näher zu Pfiffi. „Ich hab gerade Carolin getroffen, sie erzählt überall rum, dass du die Männer umrennst, nur damit sie dich mal in die Arme nehmen. Hast du ihn wirklich übern Haufen gerannt?“, fragend sieht sie Pfiffi an, diese muss laut lachen. Alex blickt auf und sieht zu den beiden rüber. „Du solltest erst einmal wissen, was sie bei unserer ersten Begegnung gemacht hat.“ Pfiffi fährt zu Alex herum. „Das war ein Versehen.“
Alex nickt ihr schmunzelnd zu: „Na klar, deine Reisetasche in meinen Rippen.“ Hektisch schüttelt Pfiffi ihren Kopf. „Meine Reisetasche war nicht in deinen Rippen, das war mein Ellenbogen, die Tasche war in deinem Kreuz.“ Bei der Erinnerung müssen beide lachen.
Ramona sieht sie verwundert an. Pfiffi schüttelt den Kopf. „Eine viel zu lange Geschichte“, und damit geht sie an Ramona vorbei und verlässt das Zimmer. Fragend dreht Ramona sich zu Alex. „Warum war ihr Ellenbogen in deinen Rippen?“ Mit einem nichtssagenden Lächeln hebt er die Schultern. „Wer ist diese Carolin eigentlich?“
Ramona setzt sich auf einen Stuhl und sieht zu ihm rüber. „Sie und ihre Freundin Jessica sind hier die beliebtesten Mädchen und geben überall den Ton an. Tragen immer die teuersten und modischsten Klamotten, jede hat ein Auto von Papa geschenkt bekommen und für die beiden ist Pfiffi minderwertig, weil sie sich nicht so aufdonnert. Allerdings sind sie bei jeder Nachhilfe, die Pfiffi erteilt, dabei.“ Ramona ist noch beim Erzählen, da geht die Tür auf und Pfiffi ist wieder zurück.
Alex sitzt auf der Schreibtischkante und hat aufmerksam den Ausführungen Ramonas gelauscht. Als Pfiffi zu ihm rüberkommt, schlingt er sofort seine Arme um sie und hält sie fest. Tief sieht er ihr in die dunkelbraunen Augen. „Ich glaube, wir gehen heute noch auf ’ne Party.“ Überrascht reißt Pfiffi die Augen auf und schüttelt den Kopf. Grinsend drückt er ihr einen Kuss auf den Mund. „Doch! Ich wurde eingeladen und ich darf auch jemanden mitbringen.“ Kritisch schaut sie ihn an. „Wer hat dich eingeladen?“ Lachend schaut Alex an Pfiffi vorbei zu Ramona rüber. „Hat Carolin blondes Haar?“ Erstaunt über die Frage antwortet sie: „Ja, langes blondes Haar und meistens trägt sie was in Pink und Jessica hat kurzes blondes Haar.“ Ramona will noch weiterreden, doch Alex hat sich bereits wieder Pfiffi zugewandt: „Die beiden waren es.“ Ein spitzbübisches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.
„Und die beiden haben gesagt, du sollst mich mitbringen?“, fragt Pfiffi ungläubig. Jetzt lacht Alex richtig los. „Nein, sie haben gesagt, ich soll meinen Freund mitbringen. Vielleicht hätte ich ihnen doch sagen sollen, dass ich auf meine Freundin warte.“
Ramona betrachtet die beiden. „Na, im ersten Moment kann man Pfiffi ja auch für einen Jungen halten.“
Alex runzelt die Stirn. „Wir gehen und wir werden allen zeigen, dass du kein Junge bist.“ Während er das sagt, sind seine Hände mit ihrem Zopf beschäftigt und langsam streift er den Haargummi ab. Mit beiden Händen löst er den Zopf und wühlt hingebungsvoll in ihrem Haar.
Ramona reißt die Augen auf. Sie hat Pfiffi noch nie mit offenen Haaren gesehen und mit so einer Haarpracht hat sie wirklich nicht gerechnet. Fasziniert betrachtet Ramona sie eingehend. Jetzt, wo Pfiffi kein Basecap trägt und ihr das Haar locker über den Rücken fällt, sieht sie ganz anders aus. Sie hat ein bildhübsches Gesicht und jetzt, da sie Alex anlächelt, leuchten auch ihre Augen. Ramona muss schmunzeln, sie freut sich bereits auf die Gesichter der anderen. Na, das kann ein Spaß werden.
Alex zieht Pfiffi dichter an sich ran, plötzlich hört er ihren Magen laut knurren. „Wollen wir essen gehen?“, fragt er schmunzelnd. Pfiffi nickt und im selben Moment ist sie auch schon dabei, ihr Haar wieder zu einem Zopf zu flechten. Alex will ihre Hände festhalten. „Lass doch dein Haar offen.“ Sie schüttelt den Kopf. „Erst heute Abend auf der Party.“ Herausfordernd sieht er sie an. „Dann ziehst du aber auch das Schwarze an.“ Pfiffi starrt ihn an. Lachend nimmt er sie in seine Arme. „Damit beweist du eindeutig, dass du ein sexy Girl bist.“ Bevor sie etwas erwidern kann, verschließt er ihren Mund mit seinem.
Als Pfiffi und Alex am Abend zurückkommen, ist das Zimmer leer. Auf dem Tisch liegen ein Schminktäschchen und ein Zettel: „Falls du was brauchst.“ Pfiffi liest den Zettel und lacht. Alex schaut ihr über die Schulter. „Ich glaube, da freut sich jemand fast so sehr wie ich mich selbst, dich endlich in dem Schwarzen zu sehen.“ Sie dreht sich zu ihm um und schüttelt den Kopf. „Sie freut sich nur auf das Gesicht von Jessica. Jessica hält sich für die Schönste und ist extrem eingebildet. Ich glaube, Ramona kann sie nicht leiden.“
Eine Stunde später stehen sie Hand in Hand an der Tür zum Clubraum. Bereits auf dem Weg haben sich sämtliche Leute nach ihnen umgedreht, sie sind ein traumhaftes Paar. Pfiffi ist in ihr kurzes Schwarzes geschlüpft und ihr Haar fällt in sanften Locken über ihren Rücken bis zum Hintern. Alex trägt seinen weißen Anzug und dazu ein schwarzes Hemd.
Kaum betreten sie den Raum, werden sie von allen Seiten angestarrt. Ramona steht nicht weit von der Tür und hat bereits auf sie gewartet. Doch als Pfiffi dann endlich durch die Tür tritt, verschlägt es ihr fast die Sprache. Hätte sie Pfiffi heute nicht schon mit offenen Haaren gesehen, sie hätte sie nicht erkannt. In dem engen kurzen Kleid kommt ihre erstklassige Figur ausgezeichnet zur Geltung, was nicht nur Ramona, sondern auch sämtlichen männlichen Anwesenden aufgefallen ist.
Als Alex die anerkennenden Blicke über Pfiffi huschen sieht, zieht er sie fest an sich und beugt sich zu ihr. „Bei der Meute darf ich dich ja wirklich keinen Augenblick aus den Augen lassen.“ Lachend geht er mit ihr auf die Tanzflächen und ihm ist bewusst, dass sie während der ganzen Zeit genau beobachtet werden.
Ramona steht am Rand und amüsiert sich köstlich über die erstaunten und neugierigen Gesichter der anderen.
Seitdem Pfiffi und Alex hier sind, befinden sie sich auf der Tanzfläche und werden von sämtlichen Augen beobachtet. Interessiert lauscht Ramona ihren Bemerkungen. Einige der jungen Männer warten darauf, dass Alex sie ein paar Minuten allein lässt, damit sie sich mit der fremden Schönheit bekannt machen können. Und einige Mädchen, ganz besonders Carolin, hängen mit den Augen an Alex. Immer wieder schweift Carolins Blick auch über Pfiffi. „Was sich diese fremde Kuh nur einbildet? Was macht sie überhaupt hier? Die hat doch keiner eingeladen“, murmelt sie ständig Jessica zu. Schließlich hält Carolin es nicht mehr aus, sie geht auf die Tanzfläche und nähert sich vorsichtig Alex.
Endlich ist sie neben ihm, da endet die Musik und eine Pause folgt. Als Alex sie erblickt, begrüßt er sie freundlich. „Hallo, ich hab deine Einladung angenommen und meine Freundin mitgebracht. Vielleicht kennt ihr euch, sie studiert auch hier.“ Alex versucht, ernst zu bleiben und macht ein freundliches Gesicht. Pfiffi muss sich wegdrehen, sonst hätte sie bei Carolins entgeisterter Miene losgelacht.
Nachdem sich Pfiffi wieder gefasst hat, schaut sie Carolin direkt ins Gesicht. „Na, wie war deine Prüfung heute?“ Carolin reißt die Augen auf und starrt sie entsetzt an. Alex sieht, dass sich Pfiffi nur mit äußerster Mühe beherrschen kann, rasch nimmt er ihre Hand. „Komm Schatz, wir gehen was trinken.“ Alex führt sie zur Bar, doch bereits auf halbem Weg muss Pfiffi loslachen. Alex bleibt stehen und schaut sie schmunzelnd an.
„Hast du ihr dummes Gesicht gesehen? Sie weiß überhaupt nicht, wer ich bin und als ich sie auf ihre Prüfung ansprach, war es ganz aus.“ Pfiffi muss sich die Tränen aus den Augen wischen. „Sie ist mit Pauken und Trompeten durchgerauscht und gestern habe ich ihr noch gesagt, dass sie lernen muss, sonst schafft sie es nicht. Ich habe ihr sogar gesagt, was sie lernen soll und genau das ist drangekommen.“ Wieder wischt sie sich über die Augen. „Sie will, dass es niemand erfährt, aber Martin hat es mir gleich erzählt. Er ist so stolz, dass er seine Prüfung geschafft hat.“ Allmählich beruhigt sich Pfiffi wieder und Alex beobachtet sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Ist sie genauso grauenhaft wie Simone?“
Pfiffi schüttelt den Kopf. „Nein, sie hat ein bisschen Verstand, nur setzt sie ihn nicht richtig ein. Wenn sie nur ein bisschen Interesse hätte, könnte sie das Studium locker schaffen. Aber ich glaube, sie macht das alles nur, weil ihre Eltern das so wollen.“ Sie greift nach seiner Hand und gemeinsam gehen sie zur Bar.
An der Bar herrscht ein ordentliches Gedränge und so bleibt Pfiffi etwas abseits stehen und Alex holt ihr ein Getränk.
Kaum ist sie allein, gesellen sich gleich ein paar Jungs zu ihr. Pfiffi kennt sie alle, die meisten waren auch schon bei ihr zur Nachhilfe, doch keiner erkennt sie. Andreas versucht sogar, mit ihr zu flirten und Chris will sie ständig in ein Gespräch verwickeln, obwohl er zuvor noch nie mit ihr sprach. Nur Martin steht still da und beobachtet sie. Pfiffi ist sich relativ sicher, dass er sie erkannt hat, nur sagt er nichts. Dafür schenkt sie ihm ein kleines Lächeln. Martin lächelt zurück und schüttelt leicht den Kopf.
Ramona kommt auf sie zu. „Wie ich sehe, amüsierst du dich gut.“ Mit einem breiten Grinsen im Gesicht nickt Pfiffi: „Hervorragend!“ Ramona lacht herzhaft. „Wo ist denn dein gutaussehender Freund?“ Wie auf Kommando steht plötzlich Alex neben Pfiffi. Sanft haucht er ihr einen Kuss auf die Lippen und reicht ihr das Glas. Ihm sind eindeutig zu viel Männer um Pfiffi und da muss er deutlich machen, dass sie ihm gehört. Rasch legt er ihr den Arm um die Taille und zieht sie an sich und im Handumdrehen sind alle wieder verschwunden. Martin sieht noch einmal mit einem scheuen Lächeln zu ihr rüber.
Pfiffi dreht sich zu Alex und mustert ihn. Er lacht leise vor sich hin. „Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen, nicht dass nachher noch ein Krankenwagen kommen muss, nur weil du dich verteidigen musstest.“ Pfiffi ist empört. „In Paris musste kein Krankenwagen kommen. Er hat sich selbst zur Tür hinaus geschleppt, ich hab’s genau gesehen.“
Ramona, die immer noch neben Pfiffi steht, holt tief Luft: „Und ich hab die ganze Zeit gedacht, dass du ein ruhiges nettes Mädchen bist.“ Wie auf Kommando lachen Pfiffi und Alex los. Alex wischt sich lachend über die Augen. „Da müsstest du einmal meinen Bruder fragen, der hat schon Gott angefleht …“ Alex kann nicht weitersprechen, denn er hat bereits Pfiffis Ellenbogen in den Rippen, lachend hält er ihr den Arm fest.
„Daran warst du schuld. Warum bringst du mich immer auf solche Ideen?“, gibt Pfiffi murrend von sich und gleich darauf zieht ein betörendes Lächeln über ihr Gesicht. Eindringlich sieht Alex ihr in die Augen. „Das Versprechen steht noch?“ Etwas verlegen nickt Pfiffi. Ramona kann nur mit dem Kopf schütteln, sie hielt Pfiffi für einen Unschuldsengel.
Pfiffi drückt Alex einen Kuss auf die Lippen und dann reicht sie ihm das Glas. „Bin gleich zurück“, flüstert sie und verschwindet in der Menge.
Carolin hat die beiden die gesamte Zeit beobachtet und jetzt will sie die Gelegenheit nutzen und geht geschwind zu Alex. „Na, wie gefällt es dir? Wollen wir mal tanzen?“ Alex sieht sie abschätzend an und schüttelt den Kopf. Nach einem kurzen Schulterzucken sieht Carolin sich suchend um: „Wo ist denn deine Freundin hin? Du hast Recht, ich kenne sie. Aber ich dachte nicht, dass sie einen festen Freund hat, schließlich bietet sie sich doch jeden hier an.“ Sie beobachtet sein Gesicht, doch er zeigt keine Gefühlsregung. Langsam schweift sein Blick zu Ramona, die entsetzt Carolin ansieht und ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Er lässt seinen Blick zu Carolin zurückgleiten. „Hast du einen Moment Zeit?“
Mit einem strahlenden Lächeln nickt sie ihm zu: „Für dich doch immer.“
Sein Lächeln wird breiter. „Gut, dann kannst du ja das Glas halten, während wir tanzen.“ Und schon drückt er ihr das Glas in die Hand und geht auf Pfiffi, die bereits dicht hinter Carolin ist, zu, nimmt ihre Hand und geht mit ihr auf die Tanzfläche. Beim Gehen hört er noch Ramonas lautes Lachen.
Hastig öffnet Pfiffi die Zimmertür und Alex drängt sie sofort hinein, schließt sie fest in seine Arme und küsst sie stürmisch. Sein Verlangen nach ihr bringt ihn fast um den Verstand. Zum Glück ist das Zimmer leer und er will die Zeit nutzen. Seine Hände wandern über ihren Rücken nach unten, fest umschließen sie ihren kleinen, runden Hintern. Pfiffi schmiegt sich zielstrebig an ihn, auch sie will nicht mehr warten. Ihre Finger sind bereits dabei, sein Hemd zu öffnen. Alex löst sich von ihr. „Wie lange wird sie noch bleiben?“ Pfiffi zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, lass uns keine Zeit verschwenden.“ Rasch stellt sie sich auf Zehenspitzen und küsst ihn.
Schleunigst, um ja keine Zeit zu verlieren, ziehen sie sich aus. Als Pfiffi splitterfasernackt vor ihm steht, zieht er sie in seine Arme, er muss ihren himmlischen Körper spüren, sie fest an sich drücken. Aufstöhnend senkt er seinen Mund auf ihren und ihre Zungen vollführen einen hemmungslosen Tanz. Stöhnend klammert sich Pfiffi an seine Schultern. Ohne den Kuss zu unterbrechen, hebt er sie hoch und legt sich mit ihr ins Bett.
Zärtlich erkundet er jeden Zentimeter ihres Körpers, erst mit den Händen, dann mit dem Mund. Mit einem erregten Stöhnen krallt sie ihre Hände in seinen Nacken und ihr Körper erbebt unter seiner Berührung. Alex schiebt sich über sie, mit einem lustvollen Aufstöhnen dringt er in sie ein und beginnt, sich langsam in ihr zu bewegen. Da geht plötzlich die Tür auf und Ramona kommt rein. Wie vom Blitz getroffen bleibt sie stehen.
Alex hebt den Kopf und starrt sie an.
„Oh, scheiße! Ich glaube, ich komme in ’ner Stunde wieder.“ Mit einem lauten Knall schließt sie die Tür und ist verschwunden.
Alex senkt den Kopf wieder und lacht leise. „Ich glaube, in ihren Augen ist dein Ansehen heute gewaltig gesunken.“ Pfiffi zuckt mit den Schultern. „Ich habe ihr nie erzählt, dass ich ein Engel bin und dass du keiner bist, das wissen ja alle.“ Sanft haucht sie ihm einen Kuss auf die Lippen und schlingt ihre Beine um seine Hüfte.
Möchtest du wissen wie es weitergeht? Hier erfährst du mehr.