Hoffnungslos verliebt
Kapitel 1
Kaum hat Darryl die Haustür geöffnet, würde er sie am liebsten wieder zuschlagen und davonfahren. Einen Moment bleibt er im Flur stehen, sein Blick ist auf die Treppe gerichtet. Er überlegt, ob er hinaufgehen soll oder nicht. Doch was bringt es schon, wenn er wieder einmal hinaufgeht und sich über den Krach beschwert. Gar nichts! So war es auch schon die letzten Male. Katja macht die Musik dann zwar leiser, aber das laute Lachen von ihr und ihren Freunden wird trotzdem noch durchs ganze Haus schallen und zwischendurch wird er auch immer wieder den kleinen Kevin schreien hören. Und wenn er morgen wieder nach Hause kommt, wird ihn wieder der gleiche Krach empfangen.
Darryl gibt ein verzweifeltes Schniefen von sich und beschließt, in sein Zimmer zu gehen. Als er an der Küche vorbeikommt und seinen Blick schweifen lässt, trifft ihn fast der Schlag. Der Kühlschrank steht sperrangelweit offen und sämtliche Lebensmittel sind auf dem Tisch und auf den Schränken verteilt. An der Küchentür bleibt Darryl stehen und sieht sich fassungslos um, dabei fällt sein Blick auf den Herd, dessen Kochplatten glühen. Schnell eilt er hin und schaltet den Herd aus. Das geht jetzt doch zu weit. Blitzschnell hat er sich umgedreht und hastet die Treppe hinauf. Oben in der Diele kommt ihm schon Zigarettenqualm entgegen, was ihn noch wütender macht. Ohne anzuklopfen, reißt er die Tür auf. Sofort fällt sein Blick auf das Bett, in dem sich zwei hitzige Körper in berauschender Ektase befinden. Geschwind wendet er sich zur anderen Seite und sein Blick fällt auf das Kinderbettchen, in dem schreiend der kleine Kevin liegt. Mit wenigen Schritten ist Darryl bei dem Kleinen. Sofort steigt ihm ein beißender Geruch in die Nase. „Puh! Mein Kleiner, du brauchst dringend ein Bad.“ Vorsichtig nimmt er das Baby auf den Arm. Sofort wird der Kleine ruhiger und Darryl geht mit ihm zum Tisch rüber, greift das Bier, was dort steht und geht weiter zum Bett. Ohne lange zu fackeln, gießt er es über die beiden. Entsetzt fährt Katja in die Höhe und starrt ihn verwirrt an. „Mach dich aus dem Bett und schmeiß den Typen raus. Und dann räumst du unten den Dreck auf, während ich mich um dein Kind kümmere.“ Darryl versucht aus Rücksicht auf das Kind ganz ruhig zu bleiben, was ihm in der Situation allerdings sehr schwer fällt. Eindringlich ist sein Blick auf Katja gerichtet. „Ich habe dir schon mehrfach gesagt, dass in meinem Haus nicht geraucht wird.“ Verachtend wirft er einen Blick auf den Typen, der ihn genervt ansieht. „Nimm deine Sachen und dann verschwinde“, sagt Darryl kurz und wendet sich zur Tür, dort dreht er sich noch einmal um. „In fünf Minuten bist du hier raus.“ Seine Stimme klingt leise und doch wird dem Typen bei Darryls Blick ganz anders. Schnell springt er aus dem Bett und zieht sich an. Als Darryl verschwunden ist, will Katja ihn wieder zu sich ins Bett ziehen. „Komm wieder zu mir.“
„Der scheint sauer zu sein und ich will keinen Ärger.“
„Darryl hat nichts zu sagen, er ist doch nur mein Vermieter.“ Katja greift seine Hand und zieht ihn aufs Bett.
Sobald Darryl den Kleinen gebadet und frisch angezogen hat, geht er mit ihm in die Küche. Fassungslos schüttelt er den Kopf, dreht sich um und geht rüber ins Wohnzimmer. Vorsichtig legt er den Kleinen in seine Krabbelbox und dann stürmt er die Treppe wieder hinauf. Blitzschnell ist er im Zimmer. Bevor der Typ weiß, was passiert, hat Darryl ihn am Kragen gegriffen und schleift ihn zur Tür. Ohne großes Aufsehen hat er ihn rausgeworfen und ist blitzschnell wieder die Treppe hinauf. Als er zur Tür reinkommt, sitzt Katja auf dem Bett und will sich gerade eine Zigarette anzünden. Eh sie sich versieht, hat Darryl ihr die Zigarette auf dem Mund genommen und auf den Boden geworfen. „Hier wird nicht geraucht!“, schreit er sie an. Er greift nach ihrem Arm und zieht sie auf die Beine. „Da unten wartet dein Sohn auf sein Fläschchen, also bewege deinen faulen Hintern.“
„Ich muss mich erst mal anziehen“, mault sie, während sie ihren Arm losmacht. Sofort greift sie ein paar Sachen und will in die Dusche verschwinden. „Wo willst du hin?“, schreit Darryl ihr hinterher.
„Duschen, was sonst?!“ Genervt verdreht sie die Augen.
„Das kannst du nachher, jetzt kümmere dich um dein Kind.“ Darryl verstellt ihr den Weg und zeigt auf die Treppe.
„Ich muss aufs Klo!“, schreit sie ihn an und drängt an ihm vorbei. Bevor Darryl es verhindern kann, hat sie hinter sich die Tür abgeschlossen. Resigniert lässt Darryl den Kopf sinken und geht zur Treppe. Von unten klingen die herzzerreißenden Schreie des Kleinen zu ihm hinauf. Schnell ist Darryl bei ihm und nimmt ihn in die Arme. „Ist ja schon gut. Ich gebe dir ja dein Fläschchen, du konntest dir schließlich deine Mutter nicht aussuchen.“ Beruhigend hält er ihn im Arm und durchsucht den Küchenschrank nach einer sauberen Flasche und dem Milchpulver.
Endlich ist der kleine Kevin satt und zufrieden in seinen Armen eingeschlafen und Darryl trägt ihn vorsichtig nach oben. Gerade, als er ihn in sein Bettchen legen will, kommt Katja aus dem Bad gestürmt und dreht auch gleich die Stereoanlage auf. Wutschnaubend fährt Darryl zu ihr herum. „Stell das Ding gefälligst ab und dann mach dich nach unten in die Küche.“ Sein Blick gleitet über sie und er muss sich eingestehen, dass sie wirklich ein sehr reizvolles Wesen ist. Während er sich um das Kind gekümmert hat, hat sie sich hergerichtet und steht jetzt in einem hautengen Minirock und bauchfreiem Top vor ihm. Verführerisch kommt sie einen Schritt auf ihn zu. Als sie stehen bleibt, streicht sie, mit einer anmutigen Bewegung, ihr langes, blondes Haar nach hinten, beugt sich etwas nach vor und greift nach dem Schlüssel, der auf dem Tisch liegt. Jede ihrer Bewegungen ist so gewählt, dass Darryl auch ja recht viel von ihren Reizen zu spüren bekommt. Doch wie schon so oft vorher reagiert er nicht darauf. Er sieht sie einfach nur an und zeigt auf die Stereoanlage. „Schalte das Ding aus“, sagt er kurz. Da Katja jedoch keinerlei Anstalten macht, die Anlage auszuschalten, macht er einen schnellen Schritt und schaltet sie selbst aus. Sofort dreht er sich zu Katja und greift sie am Arm. Vorsichtig zieht er sie aus dem Zimmer und schließt leise die Tür. Sie immer noch festhaltend steuert er die Treppe hinunter und schiebt sie zur Küche rein. „Du hast dich umsonst so aufgedonnert, heute wirst du nicht ausgehen.“ Er zeigt auf die ganze Unordnung. „Das ist dein Dreck, also räume ihn auch gefälligst weg.“
Katja stellt sich vor ihm hin und sieht ihn mit einem forschen Augenaufschlag an. „Ich habe eine Verabredung. Du musst heute schon mal allein putzen.“ Seelenruhig will Katja an ihm vorbei zur Haustür gehen, doch blitzschnell hat Darryl ihren Arm gegriffen und hält sie fest. „Ich habe gesagt, du sollst dein Dreck wegräumen. Ich habe dich hier wohnen lassen, weil du schwanger warst und kein Dach über dem Kopf hattest. Du hast hoch und heilig versprochen, dass du dich bessern willst. Gestern erst hast du mir versprochen, dass du dich um Kevin kümmern willst und jetzt willst du ihn schon wieder allein lassen. Hast du ihn heute überhaupt einmal gefüttert? Die Windel hast du ihm garantiert nicht gewechselt. Er ist vollkommen wund. Willst du, dass sie ihn dir wegnehmen?“ Darryl ist immer lauter geworden und zum Schluss schreit er sie an.
„Das ist einfach zu viel für mich. Den ganzen Tag muss ich für ihn da sein, da ist es doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn ich abends ein paar Stunden ausgehe. Ich muss auch mal abschalten. Und außerdem lasse ich ihn ja nicht allein, du bist ja hier.“ Mit einem weinerlichen Blick sieht sie zu ihm auf. „Er hat heute den ganzen Tag geschrien und ich weiß nicht warum. Egal was ich gemacht habe, er hat nicht aufgehört. Und jetzt brauche ich ein bisschen Ablenkung.“ Verführerisch klimpert sie mit ihren perfekt geschminkten Wimpern. „Ich bleibe auch nur ein oder zwei Stunden.“
„Das kann nicht dein Ernst sein.“ Fassungslos starrt Darryl sie an. „Das Gleiche hast du mir gestern und vorgestern und auch bereits die letzten vier Wochen gesagt und dann warst du jedes Mal bis zum Morgen verschwunden. Damit ist jetzt Schluss! Entweder du kümmerst dich anständig um dein Kind oder ich melde es beim Jugendamt. Hast du wenigsten schon dem Typen mitgeteilt, dass er Vater geworden ist und bekommst jetzt Unterhalt für den Kleinen?“
„Ich habe dir schon mal gesagt, dass dich das nichts angeht!“, faucht sie ihn wütend an.
„Ach ja, es geht mich nichts an?! Du wohnst seit einem halben Jahr hier und hast erst einmal Miete gezahlt, und wenn ich nicht jeden Tag einkaufen würde, hättest du nicht mal was zu essen und ganz zu schweigen von dem Kleinen. Du kannst ja nicht mal die Windeln bezahlen.“ Eindringlich sieht er sie an. „Warum holst du dir nicht das, was dir zusteht?“
„Das geht dich einen Scheißdreck an!“, schreit sie ihn an und will an ihm vorbei zur Haustür. Rasch hat er ihr den Weg verstellt. „Wenn du heute gehst, schmeiß ich dich raus.“ Drohend sieht er sie an. „Wenn du schon nicht in der Lage bist, die Miete zu bezahlen, dann räum wenigstens deinen Dreck weg und kümmere dich um dein Kind. Ich bin weder dein Kindermädchen noch Kevins Vater.“
„Zum Glück bist du es nicht.“ Wutschnaubend sieht sie ihn an. „Ich bleibe nicht lange, versprochen. Aber ich muss hier raus.“ Bevor Darryl reagieren kann, ist sie an ihn vorbei und reißt bereits die Haustür auf. Erschrocken bleibt sie kurz stehen, denn Peggy steht davor und wollte soeben klingeln. „Darryl, Besuch für dich“, ruft sie über die Schulter zurück und dann ist sie auch schon verschwunden.
Kopfschüttelnd kommt Peggy rein und sieht Darryl etwas verwirrt an. „Will Katja schon wieder weg?“
„So langsam reicht es mir mit dem Weib.“ Genervt winkt Darryl ab und zeigt aufs Wohnzimmer. „Setzt dich schon mal rein. Bei mir dauert es noch ein bisschen.“
„Was dagegen, wenn ich mir ’ne Cola nehme?“ Peggy wartet erst gar keine Antwort ab, sondern geht gleich zur Küche. „Wenn du eine findest“, hört sie Darryl hinter sich sagen, doch da steht sie längst mit weit aufgerissenem Mund in der Tür und starrt auf das Chaos. Fragend dreht sie sich zu Darryl. Sie sind schon seit Jahren befreundet und sie ist sehr oft bei ihm unerwartet aufgetaucht, aber so chaotisch sah es noch nie bei ihm aus. Darryl zuckt mit den Schultern. „Katja hatte wieder mal einen Typen hier und die Schweinerei haben sie hinterlassen.“
Ohne ein Wort zu verlieren, beginnt Darryl aufzuräumen und Peggy hilft ihm mit einem angewiderten Gesichtsausdruck. Schon vor Monaten hat Peggy ihm gesagt, dass er diese Katja rauswerfen soll, aber er meinte nur, dass er doch keine Schwangere vor die Tür setzen kann. Als das Kind da war, wurde es noch schlimmer mit Katja. Zuerst hat Peggy ja gedacht, dass Darryl Interesse an Katja hat, aber inzwischen weiß sie, dass es nicht so ist, doch er mag den Kleinen.
Endlich ist alles wieder sauber und sie können sich hinsetzten und mit der Arbeit beginnen. Doch kaum haben sie sich ins Wohnzimmer gesetzt, ertönt aus dem Babyfon ein leises Wimmern. Blitzschnell ist Darryl auf den Beinen und hastet die Treppe hinauf. In der Zwischenzeit hat Peggy ihren Laptop hochgefahren und nebenbei hört sie Darryls ruhige Stimme über dem Babyfon. Sie ist jedes Mal erstaunt, wie sensibel er sich dem Kleinen gegenüber verhält. Peggy hat ihn schon sehr oft von seiner ruppigen Seite erlebt und die ist nicht gerade von schlechten Eltern.
Ein paar Minuten später setzt er sich zu ihr und Peggy schiebt ihm gleich einen Ausdruck hin. Geistesabwesend nimmt Darryl ihn in die Hand und schaut ihn sich an, doch er ist überhaupt nicht bei der Sache, was Peggy sofort auffällt. Kurzentschlossen greift Peggy den Ausdruck und legt ihn zur Seite. „So, jetzt sag mir erst mal, was los ist“, fordert sie ihn energisch auf. Darryl starrt sie einen Moment verwirrt an. „Was soll schon los sein?“
„Komm mir nicht so. Irgendwas beschäftigt dich. Du hast ja nicht mal gemerkt, dass ich dir den alten Ausdruck gegeben habe. Also, ich höre.“ Peggys Blick ist fest auf ihn gerichtet.
„Was soll schon sein? Es ist wegen Katja. Sie geht jeden Tag weg und kümmert sich überhaupt nicht um den Kleinen. Heute hat sie mit einem Typen im Bett gelegen und der Kleine hat die ganze Zeit geschrien. Und jetzt ist sie schon wieder weg. Sie fragt nicht mal, ob ich auf ihn aufpasse, sie setzt es einfach voraus.“ Darryl fährt sich verzweifelt durch die Haare. „Ich kann sie nicht mal rausschmeißen und das weiß sie und nutze es auch noch aus.“
„Wieso kannst du sie nicht rausschmeißen? Sie hat doch mehr als reichlich Mietschulden bei dir.“
„Ja, aber was wird aus dem Kleinen? Wo soll sie mit dem Kind hin? Ich kann sie doch nicht mit dem Kind auf die Straße schicken.“
„Was ist mit dem Vater? Kann er nicht helfen?“
„Ich habe keine Ahnung, wer der Vater ist und Katja rastet jedes Mal aus, wenn ich sie darauf anspreche.“
„Ich könnte wetten, dass sie es selbst nicht weiß.“ Eindringlich sieht sie Darryl an. Darryl zuckt mit den Schultern. „Das vermute ich schon lange, aber sie gibt es nicht zu.“
„Du wolltest dich doch erkundigen, wie es mit einem Platz in einem Mutter-Kind-Heim aussieht. Hast du da was erreicht?“
„Sie könnte dort unterkommen, aber sie müsste sich allein um den Kleinen kümmern. Es ist zwar ständig eine Betreuerin da und sie kann sich dort immer Hilfe in Form von Ratschlägen holen, aber es würde keiner auf den Kleinen aufpassen, wenn sie weg will, außer wenn es Behördengänge sind. Und dort ist absolutes Rauchverbot. Das würde sie nie durchhalten und bei ihrem Lebenswandel würden sie ihr bereits nach einer Woche den Kleinen wegnehmen.“
„Auf was wartest du noch? Schieb sie ab!“ Peggy sieht ihn auffordernd an.
„Das kann ich nicht.“ Voll Entsetzen ist sein Blick auf Peggy gerichtet. „Was soll aus dem Kleinen werden?“
„Was geht es dich an, wenn sie ihr das Kind wegnehmen? Du hast nichts mit ihm zu tun, du hast keinerlei Rechte an ihm. Sie könnte von heute auf morgen hier ausziehen und ihn mitnehmen, ohne dir zu sagen, wo sie hingeht und dann ist der Kleine ihr wirklich ausgeliefert.“ Eindringlich sieht Peggy ihn an. „Es ist für den Kleinen das Beste, wenn er von ihr wegkommt.“ Darryl sitzt da und schüttelt den Kopf. Einen Moment überlegt er, doch dann greift er entschlossen den Stapel Ausdrucke. „Los, lass uns anfangen, sonst ruft Tamara wieder an und fragt, wo du bleibst.“ Er wirft ihr einen fragenden Blick zu. Peggy hält seinem Blick stand und grinst ihn frech an. „Du kannst es vergessen. Zwischen uns läuft es sehr gut.“ Als sie sich damals kennenlernten, fiel ihr sofort auf, dass er sich in sie verliebt hat. Sie hatte ihm gleich gesagt, dass sie lesbisch ist und nie was mit einem Mann anfangen würde. Doch sobald sich die Gelegenheit bietet, startet er bei ihr einen neuen Versuch. Vor einiger Zeit hatte sie eine Krise in ihre Beziehung und er war sofort tröstend zur Stelle. Er hat sich wirklich alle Mühe gegeben, sie zu erobern, aber das hat ihm alles nichts genützt. Nach zwei Wochen war ihre Krise überwunden und sie war mit Tamara wieder glücklich. Aber die Gespräche mit Darryl sind für sie unersetzlich und haben ihr unglaublich geholfen.
Kapitel 2
Darryl fährt aus dem Schlaf hoch. Aus dem Babyfon, das auf dem Nachtschrank neben seinem Bett steht, dringen die schrillen Schreie eines Babys zu ihm rüber. Suchend tastet Darryl den Nachtschrank ab, bis er endlich seine Uhr gefunden hat. Nachdem er einen Blick darauf geworfen hat, schlägt er die Hände vors Gesicht. Gerade erst 5 Uhr, da wird Katja noch nicht in der Lage sein, nach dem Kleinen zu sehen, also schwingt sich Darryl aus dem Bett.
Ein paar Minuten später öffnet er die Tür und betritt das Zimmer. Schnell schweift sein Blick durchs Zimmer. Es ist noch genauso unordentlich wie gestern und das Bett ist leer. Kopfschüttelnd wendet er sich zum Kinderbettchen und nimmt Kevin auf den Arm.
Frisch gewindelt und gefüttert wiegt Darryl den Kleinen noch eine Weile in seinen Armen. Gerade, als er die Treppe hochgehen will, öffnet sich die Haustür und Katja, mit irgendeinem Typen im Schlepptau, kommt herein. Sofort macht Darryl kehrt und will ihr Kevin in die Hände drücken, doch als er sieht, wie betrunken sie ist, überlegt er es sich anders. Seinen Blick richtet er fest auf den Typen. „Schön, dass du sie nach Hause gebracht hast, aber jetzt kannst du verschwinden.“ Etwas verwirrt starrt der Typ ihn an, aber Darryl zeigt nur auf die Tür. Sobald der Typ verschwunden ist, fährt Katja zu Darryl herum. „Warum vergraulst du meine Freunde? Dazu hast du kein Recht. Wir hatten schließlich noch nie was miteinander.“
„Darauf kann ich auch verzichten.“ Angewidert verzieht Darryl das Gesicht. „Ich bringe deinen Sohn jetzt in sein Bett und du solltest dir einen starken Kaffee machen, damit du dich nachher um ihn kümmern kannst.“
„Ich geh jetzt schlafen, wenn du willst, kannst du ja mitkommen.“ Verführerisch klimpert sie mit ihren Augen. Kopfschüttelnd sieht Darryl sie an und sofort verziehen sich ihre vollen roten Lippen zu einem Schmollmund. „Was ist mit dir? Gefalle ich dir etwa nicht oder bist du vielleicht schwul?“ Ein anzügliches Lächeln erscheint auf ihrem hübschen Gesicht. „Peggy war hier und du fährst doch voll auf sie ab, aber sie ist lesbisch und lässt dich doch bestimmt nicht ran.“ Frech lacht sie auf. „Jedes Mal, wenn sie hier war, platzen dir doch gleich die Eier und du tust so, als ob nichts ist. Oh Gott, seid ihr Kerle bescheuert!“ Schwankend kommt sie auf Darryl zu. „Ich biete dir ein Geschäft an.“ Sie macht eine kurze Pause und sieht ihn hinterhältig grinsend an. „Ich geh mit dir ins Bett und du darfst dich mit Kevin beschäftigen. Du bist doch ganz vernarrt in den Schreihals.“ Abwartend sieht sie Darryl an, doch Darryl schüttelt nur fassungslos den Kopf. „Wenn du willst, verkleide ich mich auch als Peggy und du kannst mit mir machen, was du willst.“
„Du bist stinkbesoffen. Kannst du mir mal sagen, wie du dich um den Kleinen kümmern willst?“ Angewidert sieht er sie an. „Vielleicht ist es wirklich das Beste, wenn sie dir das Kind wegnehmen.“
„He, das ist mein Kind.“ Katja versucht, nach dem Kind zu greifen, doch Darryl bringt es aus ihrer Reichweite. Er greift nach ihrem Arm und schiebt sie zur Treppe. Ruckartig dreht sich Katja zu ihm und grinst ihn frech an. „Hab ich dir eigentlich schon gesagt, was für eine gute Geldquelle das Kind ist. Ich habe fünf Väter zur Auswahl. Alle haben ein Haufen Geld und drei sind verheiratet und würde eine Menge zahlen, damit ihre Frauen nichts davon erfahren.“
„Aber nur einer ist der Vater und den musst du erst mal rausbekommen, damit er endlich Unterhalt bezahlt.“ Darryl drängt sie weiter die Treppe hinauf.
„Ach, ich habe jedem mitgeteilt, dass er Vater geworden ist. Wenn einer Zweifel hat, soll er halt einen Vaterschaftstest machen.“ Lässig winkt Katja ab. Kopfschüttelnd schiebt Darryl sie ins Zimmer. Schnell hat er das Kind ins Bettchen gelegt. Als er sich umdreht, sieht er, dass Katja bereits auf dem Bett liegt und schläft.
Bevor Darryl zur Arbeit fährt, sieht er noch einmal nach dem Kleinen. Kevin liegt friedlich in seinem Bettchen und schläft. Darryl versucht, Katja zu wecken, aber ohne Erfolg; und so verlässt er mit einem mulmigen Gefühl das Haus. Zum Glück hat er heute nicht viel zu tun. Nur eine kurze Besprechung im Institut und den Rest kann er von zu Hause aus erledigen.
Als Darryl dann endlich wieder nach Hause kommt, hört er schon an der Haustür das laute Geschrei des Babys. Schnell ist er die Treppe hinauf und auch gleich ins Zimmer. Kevin hat die Windeln voll und stopft sich sein kleines Fäustchen, zwischen den Schreien, immer wieder in den Mund. Schnell hat Darryl den Kleinen auf dem Arm und wiegt ihn beruhigend. Ein leises Murren lässt ihn einen Blick aufs Bett werfen. Katja liegt immer noch da und schläft. „Die Mutter kannst du vergessen“, sagt Darryl zu dem Kleinen und sucht schon nach einer frischen Windel.
Ein paar Stunden später sitzt Darryl im Wohnzimmer über seiner Arbeit. Über das Babyfon, das bisher ruhig war, hört er jetzt ein Rascheln und gleich darauf dröhnt laute Musik auf ihn ein. Erschrocken reißt er den Kopf hoch. In Windeseile stürmt er die Treppe hinauf. Verschlafen kommt Katja ihm entgegen. „Was machst du denn schon hier?“, mault sie ihn an.
„Schalte das Ding gefälligst aus oder mach es wenigstens leiser“, fährt Darryl sie an. Genervt dreht sich Katja um und geht wieder ins Zimmer, um die Anlage etwas leiser zu stellen. Darryl ist ihr ins Zimmer gefolgt und geht gleich zu Kevin, der aus Leibeskräften schreit. Katja wirft einen Blick auf ihn und verdreht die Augen. „Bis eben war er noch ruhig. Ich habe keine Ahnung, was er will.“
„Er war ruhig, weil er geschlafen hat und das wäre er auch immer noch, wenn du ihn nicht mit deinem Höllenkrach aus dem Schlaf gerissen hättest.“ Kurz wiegt Darryl den Kleinen in seinen Armen, dann reicht er ihn an Katja. „Kümmere dich um ihn“, sagt er kurz und sieht sie eindringlich an. Ohne groß zu überlegen, legt sie den Kleinen wieder in sein Bett zurück, sucht ein paar Sachen zusammen und geht ins Bad. Darryl steht da und beobachtet sie. Er kann nicht verstehen, wie man nur so gleichgültig sein kann, es ist doch immerhin ihr Kind. Darryl nimmt den schreienden Kevin wieder auf den Arm. Sobald Darryl ihn sanft wiegt, beruhigt er sich wieder und sieht ihn mit großen Augen an. Kurzentschlossen nimmt er ihn mit nach unten ins Wohnzimmer.
Einige Zeit später hört Darryl ein Klappern aus der Küche. Erstaunt hebt er den Kopf und sieht zu dem Baby rüber. „Hört sich an, als ob deine Mama zu Vernunft gekommen ist und dir ein Fläschchen macht.“ Doch da hat sich Darryl gewaltig geirrt. Als nach einer halben Stunde alle Geräusche wieder verstummt sind und von Katja nichts zu sehen ist, geht er in die Küche.
Auf dem Küchentisch stapeln sich die leeren Verpackungen und das Brot liegt mittendrin. Eine offene Milchflasche steht auf dem Schrank und in einem Topf befinden sich noch ein paar verbrannte Überreste von etwas, dass Darryl nicht mehr identifizieren kann. Blitzschnell dreht er sich um und stürmt die Treppe hinauf. Er hat noch nicht einmal die Tür erreicht, da geht sie bereits auf und Katja kommt mit ihrem Handy am Ohr heraus. „Bin sofort bei dir“, hört Darryl sie noch sagen und dann will sie auch schon an ihm vorbei. „Wo willst du hin?“, schreit er sie an. Genervt verdreht sie die Augen. „Ich muss zu Mara, das ist ein Notfall.“
„Unten im Wohnzimmer ist dein Sohn und er hat Hunger, das ist ein Notfall.“ Wütend starrt Darryl sie an. Katja schlägt seine Hand zur Seite und stürmt die Treppe runter. „Ich bin gleich zurück“, ruft sie ihm über die Schulter zu.
„Katja! Kümmere dich gefälligst um dein Kind“, ruft er ihr noch hinterher, aber sie hört es nicht mehr, denn die Tür fällt bereits krachend ins Schloss. Resigniert lässt Darryl den Kopf sinken. Während er ins Wohnzimmer geht und sich wieder einmal um den Kleinen kümmert, beschließt er, dass jetzt endgültig Schluss ist. Er nimmt sich vor, gleich Montag beim Amt anzurufen.
Die halbe Nacht hat Darryl über seine Arbeit gesessen und jetzt reißt ihn das Babygeschrei aus dem Schlaf. Müde schleicht er die Treppe hinauf, und wie er bereits vermutet hat, ist Katja noch nicht wieder da und so kümmert er sich schon wieder um den Kleinen. Sobald er das Kind versorgt hat, legt er sich wieder hin, denn es ist noch nicht einmal 5 Uhr.
Das Nächste, was ihn aus dem Schlaf gerissen hat, ist das Klingeln des Telefons. Kichernd fragt Mara, ob Katja schon zu Hause ist. Ohne eine Antwort zu geben, legt Darryl auf. Genervt fährt er sich durch die Haare. Es ist Samstag und gerade 6 Uhr durch und an Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Schnell vergewissert er sich noch, ob Katja inzwischen zu Hause ist, aber wieder einmal liegt er mit seiner Vermutung richtig, denn weit und breit ist nichts von ihr zu sehen.
Nachdem Katja bis Sonntagmorgen noch nicht wieder aufgetaucht ist, ruft Darryl bei Mara an. Von ihr erfährt er, dass Katja einen Typen kennengelernt hat und mit zu ihm wollte. Allerdings weiß Mara nicht, wo der Typ wohnt. Darryl ist von Katjas Nachlässigkeit genervt und so drängt er Mara, ihm die Adresse von Katjas Eltern zu geben.
Als Katja Montagmorgen immer noch nicht da ist, reicht es Darryl endgültig. Er packt Kevins Sachen zusammen, verstaut alles in seinem Auto und fährt mit dem Kleinen zu Katjas Eltern.
Katja hat nie über ihre Eltern gesprochen und so weiß Darryl auch nicht, was ihn erwartet. Er macht sich einfach auf alles gefasst und rechnet mit dem Schlimmsten.
Auf sein Klingeln öffnet ihm eine freundliche ältere Frau die Tür. In kurzen Worten erklärt Darryl ihr, wer er ist und das er Katjas Sohn bei sich hat und ihn jetzt irgendwie unterbringen muss, da Katja seit Freitag nicht mehr zu Hause aufgetaucht ist. Zu Darryl großer Überraschung wussten Katjas Eltern nichts von dem Kind, aber allzu verwundert waren sie auch nicht. Doch sie haben sich sofort bereit erklärt, den Jungen aufzunehmen. Auch wollen sie sich gleich ans Jugendamt wenden, damit der Kleine bei ihnen bleiben kann. Darryl war von dem Ausgang angenehm überrascht. Er hat schon befürchtet, dass die Eltern die Verantwortung für das Kind ablehnen, dann wäre ihm nichts anderes übriggeblieben, als Kevin zum Jugendamt zu bringen.
Gleich von dem Abstecher zu Katjas Eltern ist er zur Arbeit gefahren. Als er abends nach Hause kommt, ist Katja noch immer nicht da. Wieder versucht er, sie auf ihrem Handy zu erreichen, und wieder ist das Handy ausgeschaltet. Später am Abend bekommt er von Katjas Mutter einen Anruf. Sie teilt ihm mit, dass sie vom Jugendamt das vorläufige alleinige Sorgerecht zugesprochen bekommen haben und somit Kevin bei ihnen bleiben kann. Darryl freut sich für den Kleinen, aber irgendwie vermisst er ihn bereits. Immerhin war er drei Monate bei ihm und er hat sich täglich um ihn gekümmert. Seine gesamte Arbeitszeit hat er für das Kind verschoben, nur um sicherzustellen, dass er auch versorgt wird. Aber wenn Katja nun überhaupt nicht mehr da ist, ist es für ihn nicht machbar. Wenigstens für ein paar Stunden muss er täglich ins Institut.
Am nächsten Morgen ist Katja immer noch nicht da. Doch als Darryl am Abend nach Hause kommt, wird er bereits von dem üblichen Lärm erwartet. Sofort geht er nach oben. Auf der letzten Stufe bleibt er fassungslos stehen. In seiner Diele findet eine Party statt. In dicken Wolken weht ihm der Zigarettenqualm entgegen und die Stereoanlage dröhnt durch das ganze Haus. Überall liegen Bierflaschen herum und ein Pärchen liegt schmusend auf dem Sofa. Darryl stürmt in Katjas Zimmer. Blitzschnell reißt er den Stecker der Stereoanlage aus der Steckdose und dann fährt er zu Katja, die sich mit einem Kerl auf dem Bett aalt, herum. „Pack deine Sachen und verschwinde und vergiss nicht, deine Freunde mitzunehmen.“ Drohend ist Darryls Blick auf sie gerichtet.
„He, was will der Typ“, mault der Kerl in Katjas Bett.
„Schwing deinen Arsch aus meinem Haus“, schreit Darryl ihn wütend an. Blitzschnell springt der Typ auf und will sich auf Darryl stürzen, doch schnell hält Katja ihn zurück. „Die Party ist vorbei. Ich melde mich bei dir.“
Verwirrt sieht der Typ sie an, doch Katja zeigt nur auf seine Sachen und dann auf die Tür. Als der Typ an Darryl vorbeigeht, meint Darryl noch zu ihm: „Nimm deine Freunde mit.“ Darryl beobachtet, wie sich alle drei davon machen.
„Musstest du mir unbedingt den Spaß verderben?“, faucht Katja ihn an. Darryls Kopf schnellt zu ihr herum. „Wo hast du dich die ganze Zeit rumgetrieben?“, fährt Darryl sie aufgebracht an.
„Das geht dich einen Scheißdreck an. Wo ist der kleine Schreihals?“ Katja hat es nicht einmal für nötig gehalten, vom Bett aufzustehen.
„Ich habe ihn vor dir in Sicherheit gebracht. Wenn du ihn sehen willst, musst du dich ans Jugendamt wenden.“
„Was???“ Blitzschnell ist Katja aus dem Bett gesprungen. „Wo ist das Kind? Du warst nicht beim Jugendamt, das kannst du mir nicht erzählen. Du hängst doch viel zu sehr an ihm und willst bestimmt nicht, dass er im Heim landet.“
„Was hast du geglaubt, was passiert mit dem Jungen, wenn du dich tagelang nicht blicken lässt? Soll er hier allein bleiben, während ich arbeiten bin? Und jetzt pack deine Sachen und verschwinde.“ Unnachgiebig steht Darryl da und starrt sie an.
„Du kannst mich doch nicht einfach rausschmeißen! Wo soll ich denn hin?“ Mit weinerlichem Blick sieht sie zu ihm auf.
„Von mir aus dorthin, wo du die letzten Tage verbracht hast. Du hast genau eine Stunde Zeit, wenn du bis dahin nicht verschwunden bist, schmeiß ich dich eigenhändig raus.“
„Wo ist Kevin?“, schreit Katja ihn an. „Ich will ihn sehen.“
„Dann wende dich ans Jugendamt.“ Darryl dreht sich um und geht.
Möchtest du wissen wie es weitergeht? Hier erfährst du mehr.
Randy C. Möbes © 2024 • Privacy Policy • Nutzungsbedingungen